Beim Bundesarbeitsgericht deutet sich eine arbeitgeberfreundliche Rechtsprechungsänderung im Hinblick auf Massenentlassung an.
Massenentlassungen sind nach der bisherigen strengen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts regelmäßig besonders kritisch, da vor Ausspruch der Kündigungen eine Massenentlassungsanzeige gemäß § 17 KSchG an die jeweils zuständige Agentur für Arbeit zu erfolgen hat.
Da schon kleinere Fehler bei der Massenentlassungsanzeige zur Unwirksamkeit sämtlicher Kündigungen führen können, ist besondere Sorgfalt erforderlich.
Dies könnte sich nun ändern. Der 6. Senat des Bundesarbeitsgerichts hat mit mehreren Beschlüssen vom 14.12.2023 mitgeteilt, seine Rechtsprechung zur Unwirksamkeit von Kündigungen aufzugeben. Der Senat stützt sich hierbei auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 13.07.2023. Der Europäische Gerichtshof hatte entschieden, dass die europarechtlichen Vorgaben bei Massenentlassungen keinen Kündigungsschutz als Individualschutz bezwecken. Vielmehr diene die Massenentlassungsanzeige allein Informations- und Vorbereitungszwecken zugunsten der Arbeitsagenturen.
Dieser Auffassung will sich nun der 6. Senat des BAG anschließen. Da bisher aber der 2. Senat des Bundesarbeitsgerichts eine andere Auffassung vertrat, wurde er durch den 6. Senat angerufen, ob er weiterhin bei seiner Auffassung bleibt (sog. Divergenzanfrage).
Sollten die beiden Senate unterschiedliche Auffassungen vertreten, muss der Große Senat entscheiden.
Es bleibt nun abzuwarten, aber auch zu wünschen, dass die strengen Regelungen zu den Massenentlassungen, die von vielen Arbeitgebern bisher als überzogen erachtet wurden, abgemildert werden.
Tipp:
Bis zu einer endgültigen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, gegebenenfalls des Großen Senats, sollten aktuell aber die bisherigen Vorgaben zur Massenentlassungsanzeige sehr genau eingehalten werden.