Kündigung wegen Beleidigung des Vermieters durch den Mieter – wer trägt die Beweislast?

Urteil des LG Berlin zur Beweislastverteilung bei schuldhafter Pflichtverletzung des Mieters

Mit einer Kündigung wegen schwerer Beleidigungen des Vermieters durch den Mieter hat sich das Landgericht Berlin II in einer Entscheidung vom März dieses Jahres beschäftigt (LG Berlin II, Urteil vom 05.03.2024 – 67 S 179/23).  Anlass für die Kündigung war eine WhatsApp-Korrespondenz zwischen Vermieter und Mieter, in deren Verlauf der Mieter den Vermieter schwer beleidigte. Letzterer kündigte das Mietverhältnis daraufhin ordentlich gemäß § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB wegen schuldhafter Pflichtverletzung des Mieters. Der Vermieter klagte auf Räumung.

Das Landgericht hat die Räumungsklage des Vermieters in zweiter Instanz abgewiesen. Der Mieter berief sich im Prozess unter anderem darauf, dass er beim Abfassen der Nachrichten aufgrund einer psychischen Erkrankung (regelmäßiger Konsum von Alkohol, Cannabis und Amphetaminen sowie einer substanzbedingten schizophreniformen Psychose) nicht schuldfähig gewesen sei. Ein vom Gericht eingeholtes Sachverständigengutachten kam zum Ergebnis, dass die Wahrscheinlichkeit für eine Schuldunfähigkeit des Mieters bei mindestens 20 % liege. Nach Auffassung des Landgerichts konnte somit nicht mit völliger Gewissheit davon ausgegangen werden, dass der Mieter beim Abfassen der beleidigenden Nachrichten schuldfähig war. Der verbleibende Zweifel an der Schuldfähigkeit des Mieters geht nach Auffassung des Landgerichts zulasten des Vermieters, denn diesem treffe die volle Beweislast für ein schuldhaftes Verhalten des Mieters.

Die Auffassung des Landgerichts zu Beweislastverteilung ist allerdings zweifelhaft. In Rechtsprechung und Literatur wird überwiegend davon ausgegangen, dass nicht der Vermieter das Verschulden des Mieters beweisen muss, sondern umgekehrt der Mieter beweisen muss, dass ihn kein Verschulden trifft. Etwaige Zweifel sollen daher nach überwiegender Auffassung zulasten des Mieters und nicht des Vermieters gehen. Das Landgericht Berlin hat die Revision zum BGH zugelassen, der weitere Werdegang der Angelegenheit ist also abzuwarten.

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